Redner bei dem Treffen in Wolfsburg nahmen vor allem Claudia Roth ins Visier – Sorge wegen Krieg
Der CDU-Politiker Philipp Amthor hat auf dem diesjährigen Ostpreußentreffen scharfe Kritik an Bundeskulturstaatsministerin Claudia Roth geübt. In den Fokus nahm er hierbei besonders die Umbenennung des „Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa" in „Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa". Statt die Geschichte des eigenen Volkes an den Rand zu drücken, brauche das Land mehr Bildung über deutsche Nationalgeschichte als noch mehr „Wokes" und „Buntes".
Zu dem Treffen, das alle zwei Jahre stattfindet, waren am 1. Juni wieder mehr als 1000 Besucher nach Wolfsburg gekommen. Der Sprecher (Vorsitzende) der Landsmannschaft Ostpreußen (LO), Stephan Grigat, unterstützte Amthors Kritik am verfehlten Umgang offizieller bundesdeutscher Stellen mit der Geschichte der ostdeutschen Vertriebenen und Flüchtlinge. Mit dem „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung" in Berlin habe man ursprünglich ein sichtbares Zeichen für Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten setzen wollen. Doch „dieses Ziel ist verfehlt worden", so Grigat. Nur ein Viertel der Ausstellung widme sich dem Thema Vertreibung. Die historische Einordnung der alten deutschen Ostprovinzen sei zudem überaus zweifelhaft ausgefallen. So werde die Behandlung der in ihrer Heimat verbliebenen Deutschen durch die polnische Regierung als Beispiel für eine „funktionierende Ausländerverwaltung" dargestellt.
Der Grund für diese „schönfärberische" Darstellung habe einen Namen: Claudia Roth. Die Politikerin habe einmal unter der Parole „Nie wieder Deutschland!" demonstriert. „Das setzt sie um", so Grigat. Das „Rahmenkonzept Erinnerungskultur" der Ampelregierung umfasse ganze 53 Seiten, in denen sich nur zehn Zeilen den deutschen Vertriebenen widmeten.
Beunruhigt blickt der LO-Sprecher auf die Lage im heute russischen Teil Ostpreußens, dem Königsberger Gebiet. Die über lange Jahre sehr guten Verbindungen der Ostpreußen in die Region seien „von oben", also von Moskau, „gekappt" worden. Sorge äußerte Grigat hinsichtlich der russischen Bedrohung und der mangelnden eigenen Verteidigungsfähigkeit. Zu seiner Militärzeit habe die Bundeswehr noch über 36 einsatzfähige Brigaden verfügt, „jetzt ist es noch eine", so Grigat. Er fürchtet weitere Aggressionen aus Moskau: An den in Wolfsburg anwesenden Botschafter Litauens, Ramūnas Misiulis, gerichtet, warnte Grigat: „Herr Botschafter, der nächste sind Sie!"
Misiulis, der schon zum dritten Mal am Ostpreußentreffen teilnahm, äußerte sich dankbar dafür, dass Deutschland bis 2027 einen permanenten Bundeswehrstandort in seinem Land einrichte, und unterstrich die beträchtlichen militärischen Anstrengungen seines Landes. Er hob zudem die langen, engen Beziehungen zwischen Litauern und Ostpreußen hervor, die viel Verbindendes hervorgebracht hätten, das bis heute wirke.
Als Vertreter der Deutschen Minderheit im heute polnischen Teil Ostpreußens betonte Heinrich Hoch, wie sich die Lage der Deutschen nach dem jüngsten Regierungswechsel in Polen wieder verbessert habe. So werde der von der PiS-Regierung auf nur noch eine Wochenstunde gekürzte Unterricht von Deutsch als Muttersprache wieder auf drei Stunden erhöht: „Die Zeit der Diskriminierung scheint vorbei zu sein", so Hoch.
Bernd Fabritius, der Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), wehrte sich in Wolfsburg gegen die Vermengung der Vertriebenengeschichte mit aktuellen Migrationsdebatten. Hier gebe es keine Schnittmengen. Gerade in unseren „verampelten Zeiten" sei die Erinnerungsarbeit der Vertriebenenverbände besonders wichtig.
Der traditionell zum Ostpreußentreffen verliehene Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen ging in diesem Jahr an den Schweizer Wissenschaftler Andreas Gautschi für dessen langjährige Forschungsarbeit zur Forst- und Jagdgeschichte Ostpreußens. Der Preis ist mit 5000 Euro aus Mitteln der Bayerischen Staatskanzlei dotiert.
Mehrere Redner nahmen Bezug auf den ostpreußischen Philosophen Immanuel Kant und dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr. Domherr André Schmeier, dem die Seelsorge der deutschen Katholiken in Süd-Ostpreußen obliegt, hob dabei die enge Anbindung von Kants Menschenbild an die Lehren des Christentums hervor.
Ein ausführlicher Bericht über das Ostpreußentreffen folgt in der nächsten Ausgabe der PAZ.